Blick auf die Gegenwart

Neue Wege führen zur Kunst im Zürndorfer Wehrturm

Zürndorf - Neue Wege zur Kunst der Gegenwart führen wieder unmittelbar durch das Tor des Wehrturms. Die Vorbereitung von Barbara Held, unterstützt vom Österreichischen Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten, ermöglichte jetzt die Ausstellung "more art" der Gruppe "Eigen-Art". Neun Künstlerinnen - fünf mit Ateliersitz in Wien und vier wohnhaft in Berlin, gehören heute zur 1993 gegründeten "Eigen-Art", Lebendiger Rhytmus mit Bleistift auf Papier gebracht (Gertrud Schaufler) wirkt neben schwarzen, streng reduzierten Strukturen, auf weißen Quadraten (Barbara Pipan). Auseinandergenommene, "entschleunigte" Figuren und Themen akribisch dargestellte Zergliederungsprozesse in serienhaft zusammengestellten Reihen, bewegen Betrachteraugen zur aufmerksamen Wanderung im Kunstwerk (Antje Heinemann).


Laut und dekorativ

Unregelmäßige Formen, geschnitten oder gemalt, geschichtet, bunt gefärbt und ohne Rücksicht auf Positiv oder Negativ zur dreidimensionalen Einheit verbunden, beeindrucken an anderer Stelle laut und dekorativ (Birgit Zinner). Zerstörung ging auch der Konstruktion der "Kleinen Stehenden" (Susanne Rohnacher) voran, denn auseinandergebrochene Obstkisten und Packpapier lieferten das ungewöhnliche Material für diese zerbrechlich anmutenden Statuen. Ebenfalls aus schmalem Holzbruch hergestellt, schweben Mondboote im Luftzug unterm Turmdach, Gegenständliches zum Thema "Zwischenraum" mit mystisch anmutendem Äußeren und geheimnisvollem Schattenwurf. Objektmontagen, Steine auf Metall im Holzrahmen - archaisch "Kult-ur" genannt - schmücken mit verborgener Doppeldeutigkeit die unebenen Turmwände und glatte Steinminiaturen fügen sich wie gewollt in vorhandene Mauernischen (Gika Witt). Ebenso am rechten Platz unterm Dach aufgehangen: Die glänzenden Kreise in Beziehung zu Quadraten auf großen schwarzen Flächen, verdeckt vervielfältigt oder vor Fensterlicht leuchtend (Beate Sandor).


Inmitten alle Ergebnisse aus Überlegungen zum Umgang mit Grundformen und Elementen, Bewegungen zwischen Auflösung und Neubildung liefern die fototechnischen Arbeiten einen direkt sichtbaren Bezug zum Mensch im Bild. Mehrere Körperausschnitte aus ungewöhnlichen Blickwinkeln aufgenommen, zeigt die Serie "Travestie" (Michaela Göltl). Lichtes, nahezu unverdecktes Gefühl verbreitet die Reihe von Neugeborenenportraits. Das unglücklich, sorgenerfüllt eingefangene Gesichtchen belichtete die Künstlerin (Christa Zauner) noch ein zweites Mal und überlagerte die Mimik jeweils mit Symbolen spannungserzeugender Umwelteinflüsse - eine Menge heftiger "Ein-Drücke" für diese kleine Eigenart. ... (die Ausstellung ist bis 12. März zu sehen).

Uschi Groth


Eine Gemeinschaftsausstellung zeigen die Künstlerinnen
aus Wien und Berlin in Zürndorf. (Bild: Schriefer)